Beeindruckt von der Präsenz der Alpen verließen wir das Mount Cook Valley und statteten Mount Sunday noch einen Besuch ab, bevor wir die vom Erdbeben zerstörte Stadt Christchurch besuchten. Nachdem wir dort durch ein paar Erfahrungen fürs Leben reicher wurden, beschlossen wir uns retour in Richtung Auckland zu bewegen. Zurück auf der Nordinsel angekommen wanderten wir noch 5 Tage lang im Tongariro Nationalpark zwischen Vulkanen, Schwefelgasen und Gletscherseen umher, bis wir mit dem Besuch des Leuchtturmes Manukau unseren Roadtrip in Neuseeland beendeten und nach Auckland fuhren um unseren Van zu verkauften, um weiter nach Fidschi zu reisen.
1 Mount Sunday
Tief in den Tälern der Alpen Neuseelands verborgen liegt das Erewhon Tal und in dessen Mitte thront Mount Sunday, ein kleiner Hügel mit einer für uns unbeschreiblich wichtigen Erzählung. Hier drehte nämlich Peter Jackson mit seiner Filmcrew wichtige Filmausschnitte aus Herr der Ringe Trilogie. Dazu bauten sie auf diesem kleinen Steinhügel wesentliche Elemente der Stadt Edoras von Rohan. Heute ist auf dem Berg nichts mehr davon zu sehen. Mit viel Fantasie kann man sich vorstellen, wie es hier gewesen sein muss, während die Filmszenen gedreht wurden. Die spektakuläre Aussicht vom Mount Sunday, welcher als Monolith in einem gigantischen Flussbett liegt, war es dennoch eindeutig wert den Umweg auf uns zu nehmen. Umgeben von den schneebedeckten Alpen schweiften unsere Blicke in die Ferne und ließen uns zur Ruhe kommen. Immer wieder faszinierend ist es für uns was für eine starke Wirkung die Natur auf unseren Geist hat und uns einfach den Moment des Seins genießen lässt.
Bereits die Fahrt hinein in das Valley (wo wir wie die allergrößten Nerds den klassischen Stücken des Herr der Ringe Soundtracks hörten) war atemberaubend! Nicht weit von dort entdeckten wir den schönsten Campingplatz auf unserer gesamten Neuseelandreise. Vollkommen alleine standen wir direkt am kleinen See „Lake Camp“, an dem wir spät abends in tiefer Dunkelheit am Lagerfeuer saßen und in die Sterne blickten.
2 Christchurch
Im Februar 2011 bebte für 25 Sekunden die Erde und zerstörte als eines der schlimmsten Erdbeben der Geschichte Neuseelands fast vollständig das Zentrum der Stadt. Es erreichte eine Stärke von 6,3 auf der Richterskala und weil das Epizentrum nicht einmal 10 km entfernt und 5 km tief lag, vernichtete es fast den gesamten historischen Ortskern von Christchurch.
Das wussten wir zuvor und mit diesem Wissen spazierten wir langsam durch die Straßen der Stadt. Zerrissene Gebäudefassaden und Überreste eingestürzter Häuser traten schnell mit Erschrecken in den Vordergrund. Der gesamte Hauptplatz existiert in seiner damaligen Form nicht mehr. Auch die Kathedrale, das identitätsstiftende Wahrzeichen Christchurchs, steht nur noch teilweise und soll abgerissen werden. Wir irrten vorbei an enorm vielen mit Zäunen abgesperrten Bereichen, in denen die Natur mittlerweile wuchert und teils recht romantische Orte entstehen lässt. Im Gegenzug bemerkten wir, dass viele Künstlerinitiativen mit Interventionen am neuen Hauptplatz sich mit dem Geschehen auseinandersetzen. Sie geben neuen Raum für Erinnerungen und Stärken das Gefühl von Gemeinschaft.
Schaut man in die Ferne wo zuvor Gebäude empor ragten, blickt man heute auf den blauen Horizont über einer Landschaft unzähliger Baugerüste. Wir bemerkten aber auch wie die Stadt dazwischen bereits wieder zum Leben erweckt wurde. Freistehende Häuserwände werden von Street Art Künstlern als Galerie genützt und temporär inszenierte Bars beleben wieder die Straßen. Es fühlte sich an, als würden die definierten Grenzen des Raumes außer Kraft gesetzt worden sein. Geschäftsleute, Studenten und unzählige junge Bauarbeiter von überall auf der Welt durchmischten sich und verbrachten gemeinsam ihre Zeit.
Aufgrund der hohen Schäden wurde die gesamte Innenstadt in kürzester Zeit nach dem Ereignis zur „Red Zone“ erklärt und für alle Einwohner gesperrt. Von einem auf den anderen Tag durften die Bewohner in ihre eigene Stadt nicht mehr. Wir versuchten uns vorzustellen, wie es wäre, wenn der erste Bezirk in Wien plötzlich nicht mehr existieren würde.
In einer Ausstellung erfuhren wir, dass die meisten Geschäfte schließen mussten und viele Menschen plötzlich ihre Arbeit verloren. So wurde als Hoffnungsträger kollektiv das Container Projekt Re:START ins Leben gerufen. Innerhalb von 60 Tagen wurde dieses temporäre Einkaufszentrum eröffnet und gab den Menschen wieder neue Lebensenergie. Bis heute ist sie ein ikonisches Merkmal der Stadt, wird aber nach und nach durch Neubauten ersetzt.
Leider konnten viele Reisende die wir trafen mit Christchurch nicht viel anfangen und reisten schnell weiter. Einheimische dankten uns, als wir ihnen von unserer positiven Sicht der Stadt erzählten. Möglich, dass uns als Gestalter das kreative Potential dieser Stadt mehr auffiel aber uns war nach wenigen Stunden schon klar, dass wir hier für einige Zeit leben und arbeiten könnten.
4 Tongariro Northern Circuit
Der Tongariro Nationalpark gehört zu einem der stärksten Erlebnisse unserer Reise. Er ist viertältester Nationalpark der Welt und steht direkt am zentralen vulkanischen Plateau Neuseelands. Ursprünglich entstanden durch etliche Vulkanausbrüche wird das Landschaftsbild heute dominiert durch die drei Vulkankegel Ngauruhoe, Tongariro und Ruapehu. 5 Tage lang führte unser Weg uns um den Ngauruhoe, der in Herr der Ringe auch der Schicksalsberg genannt wird, vorbei stinkenden Schwefelgasen und milchigblauen Kraterseen. Wir betraten Landschaft die uns an den Mond erinnerten, und passierten Lavaröhren so groß wie Hochhäuser und rot wie gebrannte Ziegel. Obwohl es teils steil nach oben ging, wollten wir mehr und höher hinauf. So einigten wir uns darauf, dass Manuel den Schicksalsberg meistert und Cori den Tongagrirogipfel erklimmt und danach trafenwir uns wieder um weiter in den Landschaften von Mordor zu wandern. Wir schliefen unsere letzte Nacht querfeldein bei den Tewa Seen und betrachteten wie langsam das Licht der Sonne den Berg verließ und die Nacht die kühle der Temperatur brachte.
Leider haben wir von einem unserer schönsten Erinnerung der gesamten Reise keine Fotos mehr. ein paar Wochen später in Samoa wurde unsere externe Festplatte gestohlen. Die Bilder der Berge, die wir hier haben, sind von unseren Smartphones.
5 Manukau Leuchtturm
Gefühlt eine Stunde fuhren wir mit unserem Van in einer unendlichen hügeligen Graslandschaft zu diesem Leuchtturm. Ab und zu passierten wir ein Bauernhaus bis wir schlussendlich den weißen Turm sahen. Ja wir waren angekommen am Ende der Reise, am Ende der Welt! Einsamkeit und windige Kälte fegte uns fast vom Parkplatz, doch dieser Leuchtturm war der Erste, den wir auch betreten konnten. Die sichtbare Holzkonstruktion und eine kleine Wendeltreppe, die uns zur kleinen Aussichtsplattform brachte, ließ uns in die Vergangenheit reisen. Wie das Leben wohl so war als Leuchtturmwärter? Jeden Tag kämpfen gegen Naturgewalten? Schnell war Manuel klar, dass dieser Ort die perfekte Wahl war, um seinen Travel Bug zu verstecken, den er schon seit Beginn der Reise mit sich mitträgt. (Wer nicht genau weiß, was Geo Caching ist und gerne auf Schatzsuche gehen will, sollte es unbedingt mal ausprobieren. Hier der Link für weitere Erklärungen: https://www.geocaching.com/)
Dazu mussten wir zuerst einen Geocash finden, indem wir unseren Anhänger hineinlegen konnten. Wir spazierten einen Pfad entlang in dem das Gras meterhoch wuchs. Wir erreichten einen Steilhang, der zur Küste hinabführte und waren der Meinung, dass hier das Versteck sein müsste. Währenddessen Manuel alle Harakere-Büsche absuchte, bemerkte Cori ein schwarzes Meer aus Wolken, dass sich mit rasanter Geschwindigkeit auf uns zu bewegt. Durch den plötzlichen pfeifenden starken Wind ahnte Cori nichts Gutes bat Manuel schnell hochzuklettern. Innerhalb weniger Minuten begann es so stark zu regnen, dass wir beide unmittelbar danach bis zur Unterwäsche nass waren. Wir flüchteten zum Parkplatz und während wir uns gerade in trockene Sachen warfen, hörte es wieder auf und die Sonne zeigte sich. Wir konnten es nicht glauben kopfschüttelnd mussten wir lachen und Manuel meinte: „Naja heut brauchen wir keine Dusche mehr!“ Der Geocash wurde dennoch versteckt an einem anderen Ort und mittlerweile haben viele andere Schatzsucher ihm geholfen seinen Weg zurückzufinden nach Europa. Vielleicht findet er eines Tages auch uns.
6 Zurück in Auckland
Umso weiter wir uns Auckland näherten umso zwiespältiger wurde unser Gemüt. Wir wussten, dass uns nun der unangenehme Teil unseres Roadtrips bevorstand, indem wir unseren Van verkaufen mussten. Unglücklicherweise war der Markt zu diesem Zeitpunkt überfüllt mit selbstgebastelten Camper-Vans. Auf der anderen Seite waren wir froh in unserer Airb’n’B Unterkunft in einem richtigen Bett zu schlafen und so lange zu duschen wie wir wollen. Wir waren nicht sicher wie lange wir in Auckland festsitzen bereiteten uns aber nach ein paar Tagen ohne auch nur einer einzigen Rückmeldung einer Verkaufsplattform auf das Schlimmste vor. Etwas verzweifelt versuchten wir nach ein paar Tagen Plan B und fuhren zu einem Autohändler, der uns ein unverschämt, niedriges Angebot machte. Wir ärgerten uns und wussten, dass die Händler gerade ihre Geschäftsbasis für die nächste Saison verhandelten.
Nach vier Tagen meldete sich plötzlich ein Pärchen aus Südamerika, die unseren Bus sehen wollten, aber nicht mobil genug waren. So nahmen wir die Mühe auf uns und fuhren quer durch die Stadt um sie zu treffen. 2 Tage später machten wir dann tatsächlich die Übergabe und hatten den schwierigsten Teil unserer Abreise somit hinter uns. Heimwärts fuhren wir an diesem Tag wieder mit dem Bus und schlagartig wurden uns wieder sämtliche Vorteile bewusst, die diese Art zu Reisen hatte.
Wir erwarben unseren Toyota Estima damals für 2.000 EUR und verkauften ihn schlussendlich für 1.500 EUR. Der Verlust von 500 EUR war im Vergleich zu dem was wir dadurch erleben konnten und uns an Kosten für Unterkünfte ersparten einfach genial!
Traurig, dass die Zeit in Neuseeland vorüber war, aber auch froh wieder Neuland betreten zu dürfen, setzten wir uns kurze Zeit später ins Flugzeug nach Fidschi. Beim Einsteigen bereits spürten wir, dass uns ein Stück Unabhängigkeit mit einem Schlag genommen wurde und dafür ein anderes gegeben wurde. Nun waren wir wieder an öffentliche Verkehrsmittel angewiesen. Die Dinge die wir trugen, spielten nun wieder eine Rolle und heilfroh ließen wir deswegen das meiste unseres Gepäcks in Neuseeland bei einem Freund.
Liebes Neuseeland,
Du bist eine Nation der Landschaften. Jede Region ist so einzigartig und dennoch so kompakt, dass es spielend einfach war mit Genuss von Ort zu Ort zu reisen. Du zeigst mit der Kraft deiner Meere, dass alles seine Grenzen hat und durch die Weite deiner Berge das Grenzen auch überwunden werden können. Du gibst Acht darauf, dass die Zukunft deiner Natur vielversprechend sein wird und versucht dort zu reagieren, wo es nötig ist. Obwohl niemand es mit Sicherheit je sagen kann, wann du wieder mit deinem Zorn die Erde erbeben lässt, vertrauen deine Bewohner darauf, dass alles einen guten Lauf nimmt.
Du hast Lebensqualität. Deine Bewohner haben immer ein Lächeln auf Lager und helfen wo sie nur können. Sie lieben es ein zufälliges Gespräch am Straßenrand zu führen, hören uns aber auch gerne zu, wenn wir über kulturelle Züge Österreichs erzählen. Deine Geschichte ist zwar noch sehr jung, doch gefällt uns, dass sie so verschieden sein kann. Du versuchst die Unterschiede aller Menschen zu integrieren und wir spüren wie nationale Identitäten sich abwechseln und Städte ihr Erscheinungsbild verändern.
Für uns liegst du am anderen Ende der Welt und deine hier lebenden fremdartigen Pflanzen- und Tierarten verdeutlichen das. Dennoch erkannten wir auch so viele Ähnlichkeiten mit unserer Heimat. Du gibst uns die Möglichkeit Momente der Ruhe und des Weitblicks zu erleben, aber auch Abenteuer und Adrenalin zu finden. Diese Werte erinnern uns sehr an Zuhause und machen dich für uns noch zusätzlich lebenswert. Liebes Neuseeland, wir hatten eine unglaublich tolle Zeit mit dir und hoffen die eines Tages wieder zu sehen.
Bis Bald!
MOUNT SUNDY BIS NACH AUCKLAND
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