Nachdem wir Bluff verließen, führte unser Weg uns erstmals wieder entlang der Küste. Vorbei an den unterschiedlichsten Dörfern, etlichen Leuchttürmen und Seelöwenkolonien war es unser Plan nach Dunedin zu gelangen und dort ein paar Tage zu arbeiten. Danach wollten wir in Richtung Norden die Küste weiter bis Timaru, wo wir wieder ins Landesinnere abbiegen wollten zu den Seen Pukaki und Tekapo. Von dort war es dann nicht mehr weit um ins Mount Cook Valley, einem der wichtigsten Punkte unserer Reise, vorzustoßen.
1 Die Lost Gypsy Gallery
Nach einer langatmigen und trostlosen Gegend, oder anders gesagt am gefühlten Ende der Welt, lebt in vollkommener Isolation ein verlorener Hippie namens Blair Somerville. Mit seiner Roadside – Gypsy Gallery, die er in einem umgebauten Wohnwagen präsentiert, verlockte er uns sofort zum Anhalten. Auch sein duftendes kleines Café lud uns zum Verweilen ein.
Seit über 20 Jahren bastelt er hier an beeindruckenden technisch ausgefeilten Kreationen in allen Größen. In seinem Wohnwagen gab es so viele Details zu entdecken, dass wir stundenlang dort neugierig unsere Blicke streifen lassen konnten.
Der Schwerpunkt seiner Arbeit liegt auf recycelten Gegenständen, die er in lustige oder gesellschaftskritische Zusammenhänge bringt. Ob beim Kurbeln oder Drücken von Tasten, wir konnten du die meisten Basteleien sogar selbst erforschen. Viele Installationen beschäftigen sich auch mit dem Erzeugen von Geräuschen wie zum Beispiel Schneckenhäuser, die sich mit Wasser füllen, wenn man eine Kurbel betätigt. Für mehr Inspiration hier der Link zu seiner Website: www.thelostgypsy.com
2 Nugget Point Leuchtturm
Wir haben auf unserer Reise durch Neuseeland unsere Liebe für Leuchttürme entdeckt. Ihre Symbolik und die spezielle Architektur in der sie gebaut sind, strahlt für uns etwas Besonderes aus. Mit Sicherheit ist das auch deswegen so, weil sie in Österreich nie existiert haben.
Hinzukommt, dass sie normalerweise immer in einem aufregendem Hintergrundszenario integriert sind. Hoch oben auf einem Hügel, an der Kante einer wilden Felsklippe oder inmitten einer Miniaturinsel im Meer scheinen sie immer am richtigen Ort der Sehnsucht zu liegen, wenn man auf der Suche nach der Echtheit des Meeres ist. Wellen krachen gegen die Küste und bewegen Wasserpflanzen wild hin und her, der Wind pfeift einem um die Ohren und oft findet man herumliegende Seelöwen und Pinguine. Der Nugget Point Leuchtturm war für uns einer der schönsten Leuchttürme, die wir bisher gesehen haben. Der Turm steht auf Klippen und besteht immer noch aus traditioneller Holzbauweise. Würden wir dort nochmals vorbeikommen, könnte es leicht sein, das wir dort unseren Sonnenaufgang einplanen würden, nur um zu sehen welches Lichtspiel sich entfaltet.
3 Dunedin
Diese Stadt wird auch Neu Edinburgh genannt. Der schottische Einfluss ist hier kaum übersehbar. Die Stadtplanung mit seinem achteckigen historischen Hauptplatz im Zentrum einer radialen Anordnung wurde einst eins zu eins übernommen von seinem schottischen Vorbild. Schottische Pubs, musizierende Straßenkünstler und alles was dazugehört sind dort nicht wegzudenken. Die einzigartige schottische Baukunst spiegelt sich ebenso wieder in den für Neuseeland untypisch aus Stein gebauten Kirchen und Universitäten. Der traumhafte Bahnhof erinnert an Harry Potter und jeden Samstag und Sonntag findet auch ein Farmer Market statt, der unserem Bauernmarkt sehr ähnelt. Hier können kulinarische Leckereien gekostet werden währenddessen man mit den Bewohnern ins Gespräch kommt.
Dunedin war die erste größere Stadt in der wir uns richtig wohl fühlten und beschlossen zu Gunsten unseres Reisebudgets einem längerem Reisestopp zu machen. Wir hatten einige Wochen aufgestaute Arbeit vor uns, die erledigten werden musste. Ausgerüstet mit dem Laptop unter dem Arm machten wir uns auf die Suche nach einem ruhigen Café, dass mit Steckdosen und Wifi ausgestattet ist. Leider wurde uns schnell bewusst, dass auch hier in Neuseeland die Cafés bereits um 4:00 Uhr nachmittags schließen und uns meistens nicht mehr als 15 Minuten freies Internet zur Verfügung standen. Es herrschen unglaublich konträre Zustände wenn wir an die tollen Cafés in Asien dachten in denen wir bereits gearbeitet hatten. Immerhin handelt es sich dabei um Länder, wo die Bevölkerung weniger besitzt, dir aber mehr Möglichkeiten zur Verfügung stellt. Was für eine Logik ist das? So suchten wir die öffentliche Bibliothek auf und merkten schnell, dass wir unseren perfekten Arbeitsplatz für die nächsten Tage gefunden hatten. In angenehmer Atmosphäre, unbegrenzten Wifi und langen Öffnungszeiten schlenderten wir jeden Tag durch die beeindruckende schottische Stadt um die Bibliothek zu erreichen. Dort wurde uns außerdem noch bewusst, wie viele Menschen in diesem Land in ihrer Freizeit in Bibliotheken gehen. Überall findet Interaktion statt, Menschen lesen, malen, surfen oder arbeiten. Viele Mütter kommen mit ihren Kindern vorbei und eines unserer besten Erlebnisse war ein Puzzle, das gegenüber von unserem Arbeitsplatz am Tisch lag. Es hatte 1000 Teile und war bei weitem nicht fertig. Doch mit den Tagen merkten wir, dass immer andere Personen daran arbeiteten um es fertig zu stellen. Manche kamen gezielt deswegen vorbei, andere waren nur zufällig da, sahen es und versuchten sich. Uns versüßte dieses kleine Detail auf jeden Fall den Arbeitstag.
4 Moeraki Boulders
Die letzte Nacht verbrachten wir unruhig an einem abgeschiedenen Platz wo nicht wirklich deutlich vermerkt war ob wir hier legal übernachten dürfen. Meistens schrecken wir in solchen Nächten irgendwann auf und glauben Stimmen gehört oder Lichter gesehen zu haben. So kam es, dass wir bereits früh morgens schon vor Sonnenaufgang wach waren und wieder los fuhren. Mit einem akrobatischen Satz saßen wir beide auf unseren Vordersitzen und düsten los. Unser Ziel waren die Moeraki Boulders, welche am Koekohe Strand an der Küste von Otago herumliegen.
Viele natürliche Phänomene, die es in Neuseeland zu bewundern gibt, werden touristisch vermarktet. Die Moeraki Felsen sind genauso ein Beispiel. Weil sie dennoch als Wunder der Natur gelten, wollten wir uns sie nicht entgehen lassen. Manchmal haben wir einfach das Glück an unsere Seite und so konnten wir die ungewöhnlichen Steine ohne einen Massenanlauf von Touristen bestaunen. Mit unserem Kaffee in der Hand saßen wir am Strand und schauten den glitzernden Reflektionen auf den Steinen zu wie diese von der aufsteigende Sonne ins Rampenlicht rückten. Abgesehen von uns war nur eine Fotografin anwesend, die schon längere Zeit fotografiert. Im Laufe von vielen Millionen Jahren haben sich die Boulder durch einen Zementierungsprozess aus Calcit und Sedimenten gebildet, jedoch ist deren tatsächliche Entstehung bis heute nicht vollständig erklärbar. Für uns war es faszinierend zu erkennen, dass ihre durchzogenen Linien einer inneren Ordnung zu folgen scheinen. Durch einige aufgebrochene von ihnen bemerkten wir sogar, dass sie einen Kern zu besitzen scheinen.
5 Pukaki See & Twizel
Wir fanden hier einen Campingplatz mit sagenhaft schönem Panoramablick auf die Alpen. Der See wird heute wie viele andere in der Region als Stausee und somit zur Energieerzeugung genutzt. Die Umsetzung dieser Bauprojekte war damals ein gewaltiges Bauvolumen, wodurch sich viele Dörfer erst ansiedelten. Dennoch ist die Gegend hier nach wie vor eine der am dünnsten besiedelten weltweit und wurde aufgrund seiner geringen Lichtverschmutzung zur Dark Sky Reserve erklärt. Diese Eigenschaft ist der Region so wichtig, dass sie um sicher zu gehen täglich um 22.00 Uhr die Mehrheit der öffentlichen Beleuchtungen abdrehen.
Nachts konnten wir hier spazieren gehen und die Milchstraße leuchtete uns den Weg. Mit freiem Auge lernten wir Sternenkonstellationen zu finden wie das Kreuz des Südens, Orion, Schütze, Skorpion oder der eindrucksvolle aber schwer zu findende Zentaur. Wir fanden heraus, dass nicht jedes Sternbild überall sichtbar ist auf der Welt. Das Kreuz des Südens ist hierbei ein wirklich gutes Beispiel weil es sehr leicht zu erkennen ist und viele es sehen ohne es zu kennen. Es ist ein wichtiges Symbol für viele Nationen und Kulturen der südlichen Hemisphäre, weil es früher zur Navigation der Seefahrer benutzt wurde um den Südpol zu bestimmen. Viele Länderflaggen zieren heute die Sternenkonstellation als Erinnerung daran.
Leider wurde uns nun erst bewusst wie stark die Lichtverschmutzung in Europa ist, als wir wieder heimkamen. Es macht nur bedingt Spaß, wenn der Himmel so wenig von sich preisgibt aber tatsächlich so viel zu zeigen hat.
6 Im Mount Cook Tal
Vom Pukaki See aus nutzten wir die Möglichkeit dem mächtigen Mount Cook einen Besuch abzustatten. Als wir den See hinter uns ließen und der einsamen Straße durch die seitlich höher werdenden Bergflanken folgten, bekamen wir das Gefühl das Tor zum Herzen der Wildnis zu passieren. Obwohl hier keine dschungelartigen Landschaften zu sehen waren, war durch die Gletscher nahezu überall Wasser der besten Qualität. Wir fühlten wie schon einmal zuvor, welch wichtige Ursache für das Leben auf dieser Erde Wasser zu sein scheint.
Wir besuchten dort den Tasman Gletscher und stellten erschreckend fest, dass dieser im Jahr um mehrere Hundert Meter schmilzt. Dadurch bildete sich bereits ein neuer See, der weiterhin ständig anwächst. Ursprünglich als einer der größten Gletscher Neuseelands ist es traurig zu sehen, dass heute nicht mehr viel übrig ist und höchstwahrscheinlich werden unsere Kinder dieses Erlebnis wohl nur mehr im Internet nachvollziehen können.
Das eigentliche Highlight für uns aber war die Wanderung hoch zur Mueller Hütte. Es ging steil hinauf über etliche Stunden und mit jedem Schritt veränderte sich die Perspektive zur umliegenden Landschaft. Und die war atemberaubend. Vor allem die konstante Sicht zu Mount Cook ließ unsere Blicke immer wieder wandern. Seitlich begleitete uns der Mueller Gletscher und im Tal unten hatten wir einen wunderbaren Blick aufs Mount Cook Dorf.
Auch die Mueller Hütte selbst war für uns von Interesse. Der Neubau ist erst vor kurzem fertiggestellt worden und mit der verbauten Technik ein gutes Vergleichsbeispiel zu Österreich. Fast völlig autark funktionieren hier alle Einrichtungen auch im Winter. Nur das Gas muss manchmal per Hubschrauber getauscht werden. Leider war an diesem Tag kein Platz frei und so spazierten wir noch auf den Gipfel bevor es wieder zurück ins Tal ging. Von allen Bergen wird uns der Mount Cook durch seine ästhetische Form wohl am meisten in Erinnerung bleiben. Die Maori nannten den höchsten Berg Neuseelands mit 3724m „Aoraki“, was Wolkenpiercer bedeutet und auch heute hört man noch oft, dass wer darum bitten ihn nicht zu besteigen, weil er als heilig angesehen wird. Und irgendwie müssen wir sagen, dass er schon besonders ist als alle andere Berge inmitten dieser Insel der landschaftlichen Wunder!
Bluff bis Mount Cook Tal
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