Cát Bà
Seelenruhig saß er am Ende des Holzbootes und blickte uns entgegen, als wir ihm am Pier entgegenkamen. Umrundet von einer atemberaubenden Hügelkette nahmen wir bei ihm Platz bereiteten uns auf den bevorstehenden Ausflug in die Lan-Ha Bay vor. Im Gesicht des Bootsfahrers konnten wir sehen, dass es ihn freute, mit uns den Tag zu verbringen, obwohl er kein Wort mit uns wechseln konnte. Mit einem kräftigen Ruck warf er den öligen Boardmotor an und manövrierte uns vom Hafen hinaus. Bis auf ein paar alte Holzschiffe, die zu Touristenzwecken für Übernachtungstouren durch die Buchten genutzt werden war nichts zu sehen im Hafen. Der Blick aufs Meer hinaus wurde uns durch spektakuläre aus dem Wasser ragende Felsformationen verstellt und gab uns mehr das Gefühl eines Süßwasserreservoirs anstatt einer Bucht.
Der Ort gleicht einem Labyrinth aus Wasserstraßen. Mit jedem Meter, den wir uns darauf voran bewegten veränderte sich unsere Perspektive und die Landschaft offenbarte uns neue Abzweigungen und verschloss alte. Nicht weit entfernt vom Hafen machten wir die Begegnung mit einem der schwimmenden Dörfer. Eingepfercht zwischen den Felsen sahen wir hunderte aneinandergereihte Plattformen, die im Wasser herumtrieben und sich mit dem Wellengang bewegten. Darauf gebaut war kleine urbane Landschaft aus einfachen Unterkünften und Brücken. Dazwischen tummelten sich kleine Fischerboote, die etwas Leben hineinbrachten. Es gab Geschäfte, Handwerker und Dienstleister. Doch so schnell konnten wir gar nicht schauen, verschwand die Siedlung auch schon wieder hinter einem Felsen.
Hin und wieder entdeckten wir auch kleine Strände, die seelenlos und abgeschnitten von der restlichen Welt vor sich hin vegetieren. Die Andersartigkeit dieser Landschaft versetzt uns sprichwörtlich ins staunen. Wir träumten vor uns hin und dachten an Filme wie The Beach, wo Leonardo Di Caprio völlig entlegen den Strand seines Lebens entdeckt. Genauso sollten solche Abenteuer aussehen. Hinter jedem Fels stellten wir uns ein Geheimnis vor. Mal passierten wir enge Passagen, dann wiederum hielten wir an und bewunderten weite Aussichten. Erneut wurden wir in Vietnam von der landschaftlichen Qualität überzeugt. Auch Cat Ba Island im Herzen der Bucht hatte seine Qualitäten für uns trotz der regnerischen Saison. Wir nahmen uns zwar nicht die Zeit das Landesinnere zu erkunden, dafür aber verloren wir uns in tiefen Gesprächen mit allerlei Reisenden. Direkt am Strand gelegen aßen wir am gemeinsamen Tisch mit allerlei unterschiedlichen Landsleuten zu Abend und genossen es bis tief in die Nacht hinein zu erzählen was uns so momentan bewegte. Neben uns rauschte in der klaren Sternennacht am menschenleeren Strand das Meer vor sich hin.
Die Zeit mit Dominik war schön, aber natürlich viel zu kurz und bald brachen wir wieder auf und begleiteten ihn zurück nach Hanoi, um selbst weiter nach Phong Nha reisen. Es fühlte sich seltsam an, von jemandem Abschied zu nehmen, den wir kennen. Wir reisten die ganze Zeit zu zweit durch die Welt und plötzlich fühlten wir uns kurzzeitig alleine, als ein vertrauter Mensch sich wieder von uns entfernte und seinen Weg zurück in seine Realität einschlug. Wie im Film beginnt dann plötzlich ein Abspann, indem einem noch einmal die besten gemeinsamen Momente zusammenfasst werden, um all die Erinnerungen festzuhalten, die man in dieser kurzen Zeitspanne erlebt hat. Wir können es beschreiben als ein Gefühl wie es sich anfühlt etwas oder jemand hinter sich zu lassen wegen einer guten Sache die man vorhat durchzuziehen. Bisher haben wir während unserer Reise viele Menschen getroffen, aber niemanden, der wegen uns, dass gleiche Ziel buchte und danach wieder Heim flog.
„Man beginnt zu reflektieren und erkennt was es einem selbst wichtig ist.“
Phong Nha-Kẻ Bàng
Das nächste Ziel unserer Reise durch Vietnam war der Phong Nha-Kẻ Bàng Nationalpark. Zirka 500 km südlich von Hanoi liegt er schön mittig zwischen Nord und Süd an der Stelle wo Vietnams Landmasse eingepfercht wird zwischen dem Südchinesischem Meer und der Landesgrenze zu Laos. In dieser hügelig verwachsenen Landschaft befinden sich über 300 Höhlen und Grotten und unter anderem auch Sơn Đoòng, die größte Höhle unserer Erde. Laut Forschern hat die Höhle ein eigenes Ökosystem und aufgrund ihrer Größe wächst in ihr ein eigener Dschungel heran. Inspiriert von dieser natürlichen Erscheinung wollten wir hierher, nichts ahnend, dass eine Expedition dieser Größe sowohl professionelle Kenntnisse als auch enorm viel Geld kostet.
Wir entschieden uns anders und beschränkten uns auf die Besichtigung der Paradise Cave, da unser Zeitplan sich vorrangig nach einem Wettbewerb in Österreich richtete, bei dem wir einreichen wollten und dieser lies eine mehrtägige Höhlenexpedition leider nicht zu. So fuhren wir mit dem Motorrad durch den Nationalpark und genossen die Natur, sahen ein paar der ältesten Karststeinformationen unserer Erde und erreichten nach einem kurzen Fußmarsch durch den Dschungel bald die Paradise Cave. Langsam stiegen wir die rutschigen Holztreppen hinab. Es ist, als würde man Schritt für Schritt in eine fremde Welt eintauchen. Um uns herum wurde plötzlich alles still. Der Lichteinfall der Sonne nahm ab und das Auge stellte sich auf die neue Helligkeit ein. Vereinzelt finden sich in Ecken oder Passagen künstliche Lichtquellen, die den Weg weisen. Am Weg hierher staunten wir über die Lebendigkeit des Dschungels und nun beeindruckte uns die gegenteilige Seite der Natur. Immer tiefer schritten wird in die Höhle hinein und vergaßen völlig, dass es eine Welt außerhalb gab. Wir hatten auch Glück, und es waren zu dem Zeitpunkt fast keine anderen Besucher anwesend. Die Decke verformte sich zu fantasievoll gestalteten Stalaktiten und an den Wänden konnten wir eindrucksvolle Muster bestaunen. Obwohl alles aus Stein, war der Reichtum an Farbe unglaublich. Wir hätten wahrscheinlich noch ewig weiter wandern können, wäre nicht der Weg aus Sicherheitsgründen versperrt gewesen. Mit dem tröstenden Gedanken, dass es ein nächstes Mal geben wird, nutzten wir den restlichen verbleibenden Tag in einem Cafe um erste Überlegungen anzustellen, ob wir ausreichend gute Ideen für den Architektur- Wettbewerb haben.
Huế
Was wir unbedingt noch erkunden wollten von Vietnam bevor wir uns in ein Zimmer zurückziehen mussten um zu arbeiten, war die Stadt Hue. Mit dem Bus schön zu erreichen liegt die Metropole zwischen den wichtigsten alten kulturellen Denkmälern des Landes von etlichen Dynastien. Allen voran präsentiert sich die Zitadelle der verbotenen Stadt der Nguyen Dynastie als Mittelpunkt des gesellschaftlichen Treibens. Rund um die Stadt finden sich etliche Grabmäler der unterschiedlichsten Dynastien. Doch was uns am allermeisten interessierte war ein leerstehender Themenpark, der seit 12 Jahren nahezu unberührt vor sich hin vegetiert. Wir fuhren in Richtung Süden auf der Hauptstraße und bogen irgendwann ab in eine Seitenstraße, die direkt zu einem riesigen Eingangsportal führte. Dort warteten schon die Wächter, die wir mit umgerechnet 50 Cent zufrieden stellten. Danach betraten wir eine Parkanlage in dessen Mitte ein trockengelegter See war und herum ein Fußweg zu den verschiedensten stillgelegten Attraktionen führte. Das Herzstück des Parks war ein Riesendrache der sich über einer Kuppel im See empor streckte und den See entlang blickte. Wir fühlten uns wieder einmal wie kleine Entdecker in der großen weiten Welt. Sogar Krokodile sollen hier leben, doch zu sehen bekamen wir keine.
Wir besuchten auch einige Grabmäler darunter das beeindruckende Khải Định und Minh Mang Grabmal. Wir erkundeten die verbotene Stadt und die Zitadelle. Sie war der kaiserliche Hoheitspalast, welcher noch heute den damaligen architektonischen Charme versprühte. Durch ewig lange Gänge und exakt zueinander ausgerichtete Gebäudekomplexe auf unterschiedlichen Plattformen bekamen wir ein Gespür dafür wie das Leben hier wohl früher war.
Hội An
Völlig überladen mit kulturellen Informationen erreichten wir die Küstenstadt Hoi An. Hier wollten wir uns die nächste Woche in ein Hotelzimmer setzen und an dem Wettbewerb arbeiten, solange dafür nötig war. Wir feilten an unserem Konzept von morgens bis abends und gingen zwischendurch öfters in die Stadt essen. Die Betreiber unsere Unterkunft versorgten uns mit frischen Früchten, sowie Tee und Kaffee für unsere Müdigkeitsphasen. Wir bauten unser Zimmer temporär zum Büro um so dass wir beide mit unseren Laptops stundenlang ohne Probleme arbeiten konnten. Jeden Tag am Morgen beim Frühstück bekamen wir von der Familie des Hauses zu hören.
„You are working so hard, like a buffalo!“
Oft schlugen sie uns vor, wir sollten doch früher aufstehen um ins Meer zu springen. Doch unsere Nächte wurden ziemlich lange, wo wir dann doch lieber einfach im Bett liegen blieben. Die Altstadt von Hoi An ist für Europäer der Traum einer asiatischen Stadt. Überall hängen bunt beleuchtete Laternen vor instand gehaltenen traditionellen gelben Häusern mit vorgesetzten Holzbalustraden. Wir spürten, dass Gefühle wie Authentizität und Sensibilität hier noch Bestand haben neben den unzähligen Gastronomie und Unterhaltungsmöglichkeiten. Doch bald war die Woche um und wir stiegen ins Flugzeug auf nach Phnom Penh in Cambodia. Unser Projektbeitrag ging in die finale Phase und wir verloren uns darin ohne zu bemerken, was um uns herum geschieht. Wir arbeiteten am Flughafen und im Flugzeug um rechtzeitig fertig zu werden. Wie das so ist, kommen die besten Ideen meistens zum Schluss und so schickten wir den fertigen Entwurf in den letzten Stunden vor Ablauf der Deadline nach Österreich. Völlig erleichtert sahen wir uns um und betrachteten zum ersten Mal aufmerksam das neue Land und die neue Kultur in der wir uns befanden.
Warum wir nach Phnom Penh geflogen sind, ist aber ein anderer Grund. In Myanmar schon waren wir in Kontakt mit der Organisation Building Trust International, welche sich mit dem Schwerpunkt auf nachhaltiges Bauen in Cambodia etabliert haben. Nach einem Skype Gespräch beschlossen wir unseren Reiseablauf etwas zu ändern um einige Monate freiwillig in diese Organisation mitzuarbeiten. Schlussendlich genau deswegen angekommen werden wir nun die nächsten drei Monate in Cambodia, dem gerade im starken Umschwung befindlichen Land der Khmer Kultur, verbringen. Wir sind gespannt, welche neuen Einblicke wir hier in das Leben der Menschen mit ihren Sitten und Bräuchen bekommen werden.
3 Comments
sehr toller Bericht 😀
Hey,
schön geschrieben und die Bildern sind wirklich ein Traum 🙂
Ich selbst war Anfang dieses Jahres auch in Vietnam und habe dort zum größten Teil den Süden bereist und war von Anfang an verliebt in das Land 🙂
Jetzt wo ich eure Bilder sehe möchte ich am liebsten gleich wieder in den Flieger steigen und zurück dahin, diesmal aber in den Norden 🙂
Danke für eure Einblicke und wünsche euch alles Liebe <3
Daidi
Danke Daidi, es schön zu hören für uns, dass dir gefällt was wir machen.