Inle See
Seit der Ankunft hier am See sind wir beeindruckt von dem Leben am Wasser und seiner Vielfältigkeit. Ganze Dörfer haben sich inmitten des Sees gebildet. Es gibt Restaurants, Manufakturen und kleine Geschäfte. Die Kultur des Sees profitiert von seiner Einfachheit. Myanmar besitzt noch traditionelle Handwerkstechniken, die als Haupteinnahmequelle dienen. Am Inle Lake kann man vielen davon einen Besuch abstatten. Begeistert von der hier gelebten Kunst zu Weben besuchten wir eine schwimmende Webmanufaktur, wo vor allem Frauen mit speziellen Techniken unglaubliche Muster webten. Diese stellten sie alle mit denselben Webstühlen aber unterschiedlichen Algorhythmen her. Auch eine Zigarettenmanufaktur liesen wir uns nicht entgehen. Dort erzählte man uns viel über die einzelnen Geschmäcker und Bestandteile der im Blatt eingerollten Rauchware. Sie werden von den Einheimischen bevorzugt, sind fast überall zu finden und kosten fast nichts.
Überall dort hin fuhren wir mit dem Boot, anders waren unsere Ziele nicht zu erreichen. So auch der Ort Inthein, wie ihn die Einheimischen hier nennen. Wir verliesen den See und fuhren den Fluss hinauf entgegen der Strömung. Die Wasserstand war wegen der Regenzeit hoch und wir mussten immer wieder mit hoher Geschwindigkeit kleine 30 cm hohe Wehren überwinden, bis wir den Ort erreichten. Einmal in der Woche findet hier der 5-Tage-Markt statt, der die ganze Woche über rotiert und jeden Tag an einem anderen Ort seine Stände öffnet. Die Menschen kommen dafür aus er ganzen Region und aus den unterschiedlichsten Stämmen, um Waren zu verkaufen, Besorgungen zu erledigen und sich auszutauschen. Doch an jenem Tag war der Markt woanders und wir schritten an leeren Stände vorbei auf der Suche nach unserem eigentlichen Ziel der Shwe-Indein Pagoda. Sie beherbergt über 1000 Pagoden aus dem 17. und 18. Jahrhundert umgeben von einer atemberaubenden Aussicht. Wir fanden einen überdachten Pfad und folgten diesem den Hügel hinauf. Als wir dort ankamen erwartete uns eine Landschaft, die eigenartiger nicht sein könnte. Inmitten der grünen Natur des Tals befanden wir uns plötzlich in einer Art künstlich angelegtem Areal, wo durch die skulpturale Bauform der Pagoden eine völlige fremde Wahrnehmung entstand. Jede Pagode hatte ein Schild, was uns aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar gewesen ist, war wofür diese stehen. Auch Österreicher waren unter den Namen, die wir dort lasen. Wir kamen auf den Gedanken es sei ein Friedhof, doch haben die Buddhisten normalerweise eigene Friedhöfe. Es wurden zwar früher Herrscher in Pagoden beerdigt, in Anbetracht der Menge hier war es aber wohl eher die Ausnahme. Viele waren in keinem guten Zustand, andere hingegen frisch restauriert.
Wir wurden nicht schlau daraus, kümmerten uns aber auch nicht weiter darum. Beeindruckt fuhren wir in den nächsten Tagen auch nach Pindaya, wo sich in einer Höhle die Shwe-Oo-Min Pagoda befindet. Am Weg dorthin stoppten wir auch in Aungban. Auch hier findet der 5-Tages-Markt statt und der Wochentag war günstig. Zwischen Dragon-Tribe Frauen und anderen Stämmen wuselten wir herum auf der Suche nach seltsamen Früchten und freuten uns der bunt gemusterten Vielfalt an Menschen. Es schien für uns so , als würden alle harmonisch miteinander umgehen. In Pindaya zeigte sich der Buddhismus erneut von einer sehr gewaltigen Seite. Die hier angepriesenen mehr als 1000 Buddha-Statuen in unterschiedlichen Größen füllten beinahe die gesamte Höhle. Nicht sicher was wir über die teils sehr brutalen Ausführungen halten sollten, machten wir uns durch das labyrinthartige Höhlensystem erneut auf die Suche nach einer Antwort. Auch hier bemerkten wir, dass manches noch nicht einmal ein Jahr alt war. Antikes mischt sich mit Neuem und moderne Maßnahmen wie Geländer und Holzimitat-Fliesen deuteten uns, wie hoch die Besucherfrequenz hier sein muss. Die Statuen sind Zeugnis eines kollektiven Vorhabens. Jede von ihnen ist eine Spende.
„Viele besondere Orte beruhen auf ihrer Vergangenheit und den Ereignissen, die dort geschehen sind, doch wenige beruhen darauf was gerade entsteht oder für die Zukunft geschaffen wird!“
Umso mehr Statuen es werden, desto gewaltiger wird das Erscheinungsbild dieses Ortes sein. Sehenswürdigkeiten wie diese gibt es selten. Sie geben der Sache eine andere Bedeutung. So verstanden wir dann auch die erste Pagoda auf dem Hügel die wir besuchten. Nach diesem gemeinsamen Erlebnis trennten sich leider die Wege mit unseren Gefährten. Schon von Anfang an fest vorgenommen verlief unsere Reiseroute weiter in Richtung Osten in die Region des berüchtigten goldenen Dreieckes. Dort treffen Laos, Thailand, Myanmar und China aufeinander und erzeugen den Stoff, aus dem Geschichten sind.
Wir wollten mit dem Bus dorthin, doch leider hatten wir keine andere Wahl, als in ein Flugzeug zu steigen um dorthin zu gelangen. Viele Teile von Myanmar sind für Touristen noch nicht zugänglich. Weder Kontrollen, noch Busunternehmen lassen das zu. Die Gründe können wir uns denken, jedoch trotzdem nur Spekulation. In mehreren Teilen Myanmars werden immer noch Kämpfe ausgetragen. Viele Berichterstatter sind der Meinung, dass der Drogenhandel heute noch weite Teile des Landes dominiert und dass das besagte Opium in den Wäldern dieser Gegend entstammen soll. So sehr wie Waren über Grenzen geschmuggelt werden, geschieht aus auch mit Menschen und die Exekutive schient mehr eine private Miliz zu sein als Recht zu stiften. Unser Flug führte uns über die Wälder des Shan-States in Richtung Osten. Wir sahen nichts als Bäume, soweit das Auge reicht. Hie und Da erspähten wir den Bau einer Straße oder eines Zaunes.
Das goldene Dreieck
Angekommen in Tachilek nur 8 km entfernt von der nördlichen Grenze Thailands dominierten plötzlich militärische Absperrungen, Passkontrollen und riesige Plakate auf denen vor Menschenhandel gewarnt wird. Dementsprechend veränderte sich die Stimmung in uns. Wir nahmen uns mit drei Holländerinnen, die wir im Flugzeug kennenlernten ein Taxi und weiter ging es. Vier Stunden weiter in Richtung nördliche chinesische Grenze erreichten wir dann schlussendlich Kengtung. Hier scheint der Lebensstandard unerwartet höher, es macht den Anschein als würden viele Chinesen sowie Thais seit Jahren schon hier ihre Ferienhäuser bauen lassen. Viele Dörfer, die wir passierten, existieren noch nicht auf Karten. Unsere Navigationssystem zeigte uns die gähnende Leere. Hohe Zäune ausgestattet mit der neuesten Stacheldrahttechnik neben den Straßen verstanden wir oft so, als wenn wir nicht erwünscht wären. Wir nahmen uns diese Eindrücke zu Herzen und nachdem wir uns im Ort zwangsweise registrierten, machten wir uns daran, die Wanderung am nächsten Tag zu planen. Doch der nächste Tag war nicht möglich, weil wir einerseits nicht alleine losmarschieren durften und andererseits der Wanderführer nicht so kurzfristig Zeit hatte. So wurde es erst der Tag danach.
Vor allem die unterschiedlichen ethnischen Stämme hatten uns in diese Region geführt und diese wollten wir nun auch besuchen. Weit abgeschieden in den Hängen der Berge leben die Ann-Stämme mit einer eigenen Sprache einer eigenen Kultur und speziellen Ritualen. Sie werden auch das Volk der schwarzen Zähne genannt. Neben den schwarzen Zähnen tragen sie fast ausschließlich schwarze Kleidung mit feinen pinken Nähten. Die Frauen tragen in ihren gedehnten Ohrlöchern Alu- und Textilschmuck um ihrer Attraktivität Ausdruck zu verleihen. Die schwarzen Zähne dienen zur Unterscheidung der bereits verheirateten Frauen zu den noch zu Habenden und vor allem können sie sich dadurch von den Hunden die alle weiße Zähne haben abwenden. Hunde findet man im Dorf überall und sie streunen herum als würden sie zur Familie gehören. Doch einmal im Jahr werden sie als Ritual gegen die alten Geister in den Kochtopf geworfen und verspeist. Sie leben in Holzpfahlbauten, dessen Bautechnik sie sich von den Shan-Stämmen abgeleitet haben. Wenn ein neues Haus gebaut wird, dann versammelt sich das ganze Dorf und wählt einen Bauplatz. Um festzustellen, ob der Platz geeignet ist, wird dann ein Ritual zu dessen Segnung durchgeführt. In der Mitte zünden sie ein großes Feuer und warten bis nur mehr die kalte Asche übrig ist. Dann nehmen sie einen Bambusstab und drücken ihn in die Asche. So viele Männer wie möglich versuchen zur gleichen Zeit mit dem Stab den Boden zu erreichen. Gelingt ihnen dies, wird der Bauplatz von den Ahnen nicht anerkannt und man begibt sich auf die Suche nach einem Neuen, solange bis die Asche dem Gewicht standhält. Dann steht das Haus meistens nach ein paar Tagen, doch seine Baustruktur ist auch nicht sonderlich komplex. Ein Raum mit integrierter Feuerstelle bringt meist die ganze Familie unter. Im Geschoss darunter findet Werkzeug, Tier und Nahrung Platz.
Die Akha leben als Bauern und betreiben Ackerbau mit Reis, Weizen und Gemüse. Sie halten auch Schweine und Wasserbüffel. Als Anhänger einer Naturreligion verehren sie die Ahnen und Geister. Die Frauen tragen einen bunten silbernen Kopfschmuck, der nicht einmal während des Schlafes abgenommen wird. Er schützt sie vor bösen Geistern und ist ein besonders wichtiges Schönheitsmerkmal. Nicht weit vom Dorf besuchten wir hier eine Schule, die wir lange in Erinnerung behalten werden. So gingen wir durch alle vier Klassenzimmer und verteilten neue Bleistifte an jeden einzelnen Schüler. Höflich und fröhlich nahm jeder seinen Stift entgegen. Wir merkten in ihren Gesichtern, dass dieser Moment nicht jeden Tag passiert und das sie sich freuten.
Zuletzt besuchten wir auch den wohlhabenden Shan-Stamm, welche ihr Geld hauptsächlich mit selbstgemachtem Reisschnaps verdienen. Durch den erwirtschaften sie einen zehn Mal so hohen Umsatz wie alle anderen Stämme der Region. Der Brennofen dabei dürfte selbst entworfen sein, die Zeiten und Verdünnungen werden geschätzt. Hier ist das moderne Leben schon angekommen. Es gibt Maschinen, Glasfenster und Betonfundamente. Wahrscheinlich ist der Zusammenhang damit zum Geld größer als man denkt.
Viele junge Einwohner der unterschiedlichen Stämme wenden sich langsam ab von den alten Riten und ziehen in größere Städte. Sie bieten mehr Möglichkeiten für ein Leben in der Zukunft für sich selbst und für die Familie. Doch einfach sind diese Entscheidungen nicht. In den Städten gibt es andere Herausforderungen. Geld füttert die Gier der Menschen und die Geschwindigkeit des Fortschrittes verlangt von Vielen sich daran zu beteiligen. Im Dorf hat man den Rückhalt der Gemeinschaft, wenn auch mit Bedingungen.
Myanmar ist ein Land, dessen Gold nicht in Reichtum abgewogen werden kann, obwohl es das möglicherweise oft gerne hätte. Seltsame faszinierende Details lassen es zu einem Erlebnis werden und die lächelnden bemalten Gesichter der Menschen verdeutlichten uns das noch mehr. Wir waren froh die Landschaften und kulturellen Denkmäler erkunden zu können, solange es noch relativ unberührt vom Tourismus vor sich hinwächst und würden jedem empfehlen, das Gleiche zu tun.
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